Hochzeitsfeiern und Hochzeitsfotos
Zunächst ein kurzer Rückblick: Im Mittelalter erlaubten
die jeweils Herrschenden (Grundbesitzer, Zünfte, Gilden, Magistrat der
Stadt, usw.) nur demjenigen eine Ehe, der eine Familie ernähren konnte.
Einem sehr großen Teil der Bevölkerung (ca. 50%) wurde nicht gestattet,
eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen. Nur den Männern
gestattete die Kirche die Scheidung und erneute Heirat. Eine kirchliche
Ehe gab es seit dem 10. Jahrhundert, wobei die Kirche erst ab dem 13.
Jahrhundert ein eigenes Eherecht hervorgebracht hat, die Ehe wurde
sakramentalisiert, unauflöslich. Keine Laien, sondern nur Priester
durften trauen. Nach diesem Eherecht waren Jungen bereits mit 12 Jahren
und Mädchen ab 14 Jahren heiratsfähig. Jedoch spielte die Verbindung
zweier Familien die Hauptrolle, nicht die der beiden Partner.
Martin Luther trat schon für eine Zivilehe ein, eine Eheschließung
sollte durch Schaffung entsprechender Gesetze durch weltliche
Autoritäten vorgenommen werden. Die Franzosen mit ihrer Revolution
setzten die Zivilehe in Frankreich durch. Napoleon brachte sie in die
besetzten deutschen Gebiete, wobei sie sich in Deutschland 1848
behauptet. Jedoch erst seit 1875/1876 (nach Gründung des Deutschen
Kaiserreiches) wurde ein entsprechendes Gesetz wirksam, welches eine
Zivilehe, beurkundet durch einen staatlich bestellten Standesbeamten und
den Vorrang der Zivilehe vor der kirchlichen Ehe festschrieb. Diese
Gesetz ermöglichte eine Ehe trotz unterschiedlicher
Religionszugehörigkeit. Ein Mann erreichte ab dem 20. Lebensjahr und
eine Frau ab dem vollendeten 16. Lebensjahr die Ehemündigkeit nach
diesem Gesetz. Sohn oder Tochter benötigten bis zur Vollendung des 25.
bzw. 24. Lebensjahres die Einwilligung zur Eheschließung vom Vater (der
Mutter bei Tod des Vaters oder des Vormundes, wenn beide Eltern nicht
mehr lebten). Bei einer Zivilehe war ein Aufgebot zwei Wochen an den
bestimmten Plätzen öffentlich zu machen.
Man sollte bei der Bewertung aus heutiger Sicht nicht vergessen, dass
selbst das Eherecht der Kirche damals einen gewissen Fortschritt
gegenüber der Handhabung davor brachte. Für Frau und Kind regelten
diese, zwar auf sehr niedrigem Niveau, aber immerhin eine gewisse
Absicherung. Wohl erst seitdem Frauen ihr Leben selbst bestimmen dürfen,
das heißt Bildung genießen und durch Berufs- und Erwerbstätigkeit in der
Lage sind, notfalls ihr Leben und das ihrer Kinder selbst zu sichern,
können sie frei entscheiden. In der Bundesrepublik Deutschland mussten
die Frauen noch bis in die 1970er Jahre hinein die Erlaubnis des
Ehegatten haben, um zum Beispiel ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder
ein Bankkonto einzurichten. Erstmalig schrieb die Verfassung der DDR im
Jahr 1949 die Gleichberechtigung fest. Auf dieser Basis konnten Frauen
entscheiden, wen und wann oder ob sie überhaupt heiraten. Liefen die
Dingen ungünstig, konnten Frauen ihre Kinder allein großziehen.
Ausbildung, Kindergarten und Gesundheitsversorgung sicherte der Staat.
In Kuschkow war die kirchliche Trauung nach der
standesamtlichen wohl bis in die 1970er Jahre weit verbreitet. Die
Bräuche um die Hochzeit, wie sie damals noch üblich waren, haben
vermutlich ihren Ursprung hauptsächlich bei den Wenden. In der Regel
wurde das Heiraten meist von den Eltern ausgehandelt. War ein Sohn der
Haupterbe, hatte seine Braut eine entsprechend hohe Mitgift und
Aussteuer mitzubringen. Traditionell richteten die Brauteltern die
Hochzeit in ihrem Haus aus. Vielleicht gab es auch in unserem Dorf
reiche Familien, die Aussteuer und Mitgift finanzieren konnten.
Allerdings ist Reichtum in unserer Gegend vergleichsweise sehr
bescheiden ausgefallen. Eine Heirat sollte den Mädchen möglichst die
Zukunft erleichtern, denn eine mittellose Frau, nur auf sich selbst
gestellt, hatte fast keine Chance und wurde zudem von den Männern als
Freiwild betrachtet.
Mädchen waren also im Vorteil, wenn sie sehr früh mit der Arbeit an
ihrer
Aussteuer begannen. Diese Aussteuer bestand aus Bett-
und Tischwäsche, Handtüchern, Hemden, Unterwäsche usw., die von den
Mädchen selbst aus Leinen hergestellt werden konnten. In vielen Familien
verstand man es, vom Anbau der Leinpflanze bis hin zum Wäschestück alles
selbst zu machen. Der Fleiß des Mädchens war ausschlaggebend für den
Umfang der Aussteuer. Jedoch konnte es auch passieren, dass die Eltern
entschieden, dass die jüngere Tochter die von ihr angefertigte Aussteuer
der älteren, die für die vorgesehene Heirat nicht genug beisammen hatte,
übergeben musste. Schließlich ging es der Reihe nach, die älteren
Töchter mussten vor den jüngeren verheiratet werden. Für eine
Eheschließung war die Zustimmung der Eltern erforderlich.
Vor der Hochzeit musste das Aufgebot bestellt werden,
d.h. die öffentliche Bekanntmachung der beabsichtigten Eheschließung.
Die Heiratsabsicht musste in drei aufeinander folgenden
Sonntagsgottesdiensten in der Gemeinde des Bräutigams und auch der Braut
verkündet werden. Entsprechende Eintragungen finden sich auch in den
Kirchenbüchern. Kurz vor dem Hochzeittag begannen die Vorbereitungen für
die Beköstigung der Gäste. Eine stattliche Zahl verschiedener
Blechkuchen wurde gebacken und für mehrere Menügänge wurde vorgekocht,
oft unter Anleitung einer Köchin. Die Brautjungfern flochten Girlanden
(aus Buchsbaum) für den Eingang zum Hochzeitshaus, zur Kirche sowie eine
Girlande zum Aufhalten des Hochzeitszuges nach der Trauung.
Am Vorabend der Hochzeit wurde der Polterabend mit viel
Alkohol gefeiert. Es war ein ausgelassener Abend mit den
Hochzeitsgästen, jedoch hautsächlich mit der Dorfjugend. Eine Einladung
war nicht nötig. Jeder konnte kommen. Beim Eintreffen schmissen die
Poltergäste Porzellan vor den Eingang, so dass das Porzellan möglichst
in viele kleine Stücke zerbrach. Achtung, es durften keine Teile aus
Glas sein! Nur zerbrochenes Porzellan brachte Glück.
Am Tag der Hochzeit: Die Braut vorzugsweise in einem
weißen Kleid, auf dem Kopf einen Schleier, der von einem Myrtenkranz
gehalten wurde (der Kranz sollte offen sein, wenn die Braut keine
Jungfer war) und der Bräutigam traditionell im schwarzen Gehrock mit
Zylinder bzw. nach der Mode im Smoking oder Anzug mit Myrtensträußchen
im Knopfloch. Das Brautpaar ging vom Haus der Braut mit seinen Familien
und Gästen paarweise in einem festlichen Hochzeitszug durch das Dorf zur
Kirche, voran Blumen streuende Kinder. Die Kuschkower säumten den Weg
oder stellten sich "an Ecke" (Kreuzung von Kirch- und Dorfstraße, in der
Mitte des Dorfes) als Guckgäste auf.
Nach der Trauung in der Kirche ging es in gleicher Weise mit
Glockengeläut zurück zum Hochzeitshaus. Gleich an der Kirche hielten die
Brautjungfern den Hochzeitszug mit einer geflochtenen Girlande auf und
trugen dem Brautpaar ihre Wünsche als Gedicht vor. Auf dem Rückweg
musste der Hochzeitszug mitunter weitere Girlandensperren passieren. Der
Weg wurde erst freigegeben, nachdem der Bräutigam und die Herren des
Hochzeitszuges Geld in den aufgehaltenen Hut oder Korb geworfen haben
(was dann oft gleich "bei Koschack" an Ecke, der Gaststätte, in Bier
umgesetzt wurde). Diejenigen, die die Girlande hielten, sagten ebenfalls
einen Spruch auf.
Im Hochzeitshaus angekommen, begann das Hochzeitsmahl
mit einer Geflügelsuppe zu Beginn, gefolgt von dem traditionellen
Fischgericht bestehend aus verschiedenen Fischen: Zander, Karpfen, Aal,
Hecht, Schlei in Bier gekocht mit einer braunen buttrigen Biersauce oder
in der anderen Variante mit einer weißen Schnittlauch-Sahnesauce, danach
folgte ein Gang mit Rinder- oder Kalbsbraten mit verschiedenem Gemüse
und schließlich Schweinebraten mit Gemüse. Nachspeisen aus verschiedenen
Eiercremespeisen, Puddings, Vanillesauce und Schlagsahne, Obstkompotte
boten für jeden Geschmack etwas. Natürlich durften die begleitenden
Getränke sowie Zigarren und Zigaretten für die Herren nicht fehlen (für
Damen ziemte sich das Rauchen noch nicht). Familien, welche dem
Brautpaar nahestanden und nicht geladen waren, schickten ihre Kinder mit
Glückwunschkarten, auch Geldgaben oder Geschenken zum Hochzeitshaus. Als
Dank erhielten die Kinder ein Stück Blechkuchen oder ein größeres
Kuchenpaket für die Familie.
Am Abend gab es ein ähnlich großes Gelage mit Aufschnitt aus Wurst und
Fleisch, Aal in Aspik, Bockwürsten, Kartoffelsalat und anderen Salaten.
Wieder begleitet von reichlich Getränken. Danach tanzte man ausgelassen.
Um Mitternacht setzt man das Brautpaar in die Mitte, die Brautjungfern
tragen ein Gedicht vor während sie der Braut den Schleier abnehmen und
ihr die Haube und dem Bräutigam die Zipfelmütze aufsetzen. Der Tanz geht
weiter. Wenn sich das jungen Paar zur Hochzeitsnacht zurückzieht muss es
mit Überraschungen rechnen. Die Jugend des Dorfes hat in der Regel
Scherze ausgeheckt, die mitunter ziemlich derb ausfallen konnten.
Die folgenden Fotos der Hochzeitsgesellschaften werden
wohl zumeist nach der Trauung und vor dem großen Hochzeitsmahl
entstanden sein, alle Teilnehmer noch nüchtern und diszipliniert, durch
den Fotografen sorgfältig arrangiert. Nach dem Essen, was immer auch mit
reichlich Alkohol verdaut sein wollte, war die Etikette in manchen
Fällen schon nicht mehr gewährleistet.
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Hochzeit Frieda Jäzosch + ..?.. Scheffner um
1925, Frieda Jäzosch war die Tochter von Richard und Antonie
Jäzosch; Hochzeitsgesellschaft vor dem Haus Dorfstraße 66 (alte
Hausnummer, heute Dorfanger 9). Ganz links im Bild steht offenbar der
Lehrer Fritz Wegener, der auch auf den Schulbildern von 1928 und 1931 zu
sehen ist. Der Baumstamm rechts ist auf einer Tafel bezeichnet mit
"Friedenseiche 1864 ▪ 1866 ▪ 1870-71", die Eiche ist inzwischen gefällt.
Dem Heimatkalender von 1958 für den Spreewaldkreis Lübben ist auf Seite
61 zu entnehmen, dass die Eiche in die Liste der geschützten
Naturdenkmale eingetragen war. Wer nähere Angaben zu diesem Bild machen
kann (Jahreszahl, Name des Bräutigams), möchte sich bitte bei mir
melden, Kontaktdaten siehe ganz unten.

Hochzeitsfoto ..?.. + ..?.. um 1934,
um welche Hochzeitsgesellschaft es sich handelt, konnte nicht ermittelt
werden. Der Junge vorn rechts ist Manfred Jäzosch, mein Vater, der
spätere Müllermeister auf unserem Mühlengrundstück Gröditscher Straße 5.
In der hintersten Reihe oben rechts seine Eltern und meine Großeltern,
Emma und Bernhard Jäzosch, links daneben Johanna und Fritz Schneider,
die Nachbarn. In der mittleren Reihe ganz rechts hinter dem Mädchen
stehen Hedwig und Hermann Jäzosch, Bruder von Bernhard.
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Hochzeit Johanna Jäzosch + Paul Scheel im Juni
1937, Hochzeitsgesellschaft wieder vor dem Haus Dorfstraße 66
(alte Hausnummer, heute Dorfanger 9, siehe oben). Der Junge vorn rechts
neben der Blumenvase ist wieder Manfred Jäzosch, mein Vater, der spätere
Müllermeister. In der mittleren Reihe ganz rechts Arnold Jäzosch und
ganz links Willi Jätzosch (sein Name in anderer Schreibweise). Das Haus
im Hintergrund hat inzwischen eine moderne Dachrinne.
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Hochzeit um 1930,
Hochzeitsgesellschaft in Kuschkow mit einem unbekannten Hochzeitspaar.
Direkt hinter der Braut steht Arnold Jäzosch, rechts neben ihm
wahrscheinlich Hilde Jähnchen (geborene Konrad).
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Hochzeitszug ohne Brautpaar wohl um 1950
vor dem Fachwerkhaus Alte Straße 1. Der erste Damenführer vorn rechts
ist Manfred Jäzosch, noch unverheiratet.
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Hochzeit Jutta Thiele + Manfred Jäzosch am
14.1.1952, meine Eltern, Hochzeitsgesellschaft auf dem
Mühlengrundstück und Hof Gröditscher Straße 5 in Kuschkow. Darunter noch
einmal das Hochzeitspaar separat in vorschriftsmäßiger Kleidung und ihr
nur wenige Jahre danach erworbener "Adler-Trumpf Cabriolet", der ganze
Stolz des Bräutigams und späteren Müllermeisters.
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Hochzeit von Agnes und Franz Rattei um 1952,
Hochzeitsgesellschaft vor ihrem Haus Alte Straße 4 in Kuschkow. Links neben der Braut sitzen
die Eltern des Bräutigams; rechts neben dem Bräutigam die Brautmutter Städter. In der zweiten
Reihe rechts steht Gustav mit Frieda Rattei, Onkel und Tante des Bräutigams, daneben der Bruder
des Bräutigams Kurt Rattei mit Frau. Direkt hinter der Braut steht Siegfried Jäzosch. In der
letzten Reihe oben zweite Person von links Jutta Jäzosch neben Manfred Jäzosch.
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Hochzeit Gertraud witz + Siegfried Jäzosch um
1964, Siegfried (1932-2021) war der Sohn von Hedwig und
Hermann Jäzosch; Hochzeitsgesellschaft vor ihrem Haus Dorfstraße 15 in
Kuschkow, mit den Geschwistern, Regina, Ruth, Ilse und Werner von Siegfried
Jäzosch. Rechts hinter dem Bräutigam stehen Jutta und Manfred Jäzosch.
Regionalgeschichtlich interessant ist die ungewöhnlich große
traditionelle Eingangs-Vorlaube vor dem Haus, verziert mit Lattenwerk
und Sägearbeit ‒ eine Tradition, die offenbar auch das Ortsbild von
Kuschkow geprägt hat. Weitere Informationen zu diesen besonders in der
Niederlausitz früher weit verbreiteten Eingangslauben finden Sie hier:
►
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Hochzeitszug Kunze in der Alten Straße vor dem
Fachwerkhaus Kunze, Alte Straße 2 (damals Koinzstraße 2 ?), wohl um
1960. (Foto: Familienarchiv Schneider/Paech)

Hochzeit Erna Wolff + Ewald Piesker 1931. Hochzeitsgesellschaft
mit Erna Wolff (1903-1984) und Ewald Piesker (1896-1972)vor dem Elternhaus in
Groß Leuthen. Erna Wolff war die Tochter des Müllers Otto Wolff (1865-1954),
dem älteren Sohn des Müllermeisters und Mühlenbesitzers Theodor Wolff und
Ehefrau Mathilde der Kuschkower Mühle.
Otto Wolff und seine Frau Emma hatten Hof, Wirtschaft mit Wohnhaus,
Fleischerei und Laden von Emmas Eltern in Groß Leuthen übernommen. Emma
und Otto Wolff sitzen rechts neben dem Bräutigam. Ganz rechts sitzt
Hermann Wolff, Ottos Bruder. Fritz Wolff, der Bruder der Braut steht
hinter ihr links. In der gleichen Reihe links von Fritz steht Franz
Schneider und links ganz außen Johanna Schneider aus Kuschkow, die 12
Jahre alte Schwester von Franz. Links neben der Braut sitzen ihre
Schwiegereltern. In der letzten Reihe der Herr mit Brille, Zigarre
und weißer Blume im Knopfloch ist der Arzt von Groß Leuthen. Die Braut
war Köchin und in seinem Arzthaushalt angestellt. Der Herr ganz rechts
außen mit den vielen Orden ist der Hufbeschlagmeister Henke, der an
der tierärztlichen Hochschule in Berlin ausgebildet wurde. (Foto:
Familienarchiv Piesker)
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Silberhochzeit von Erna und Ewald Piesker 1956. Vorn links im Bild ihr Sohn Ulrich
Piesker, links neben Erna ihre Mutter Emma, ganz hinten links Emma Jäzosch, Ernas Cousine.

Hochzeitsfoto ..?.. + ..?.. wohl Mitte der 1920er
Jahre, um welche Hochzeitsgesellschaft und welchen Ort es sich handelt, konnte
nicht ermittelt werden, das Brautpaar ist unbekannt. In der letzten Reihe das
zweite Paar von links sind die noch ledigen Geschwister Erna und Fritz Wolff.
In der mittleren Reihe ganz rechts eine Frau in Spreewaldtracht. (Foto:
Familienarchiv Piesker)
Wendische / Sorbische Hochzeiten
Viele Bräuche der Wenden haben sich lange gehalten und sind teilweise
noch heute in abgewandelter Form auch in Kuschkow anzutreffen, wie z.B.
das Zampern. Die wendische Ortsbezeichnung für Kuschkow lautet Ku¹kow.
Auch die Hochzeitsbräuche wurden lange Zeit gepflegt. Die beiden
folgenden Fotos aus der Zeit um 1925 zeigen die übliche wendische Tracht
und teilweise deuten sie auch den Brauch an. Der Ort dieser Hochzeit und
die Personen sind bis auf eine Ausnahme (meine Patentante) unbekannt.
Trachtenkundige können sicher eine genauere Bestimmung vornehmen, da
jedes Dorf eigene Trachtenelemente aufweist. Ich versuche Erklärungen,
soweit auf den Bildern nicht eindeutig sichtbar, mit Hilfe von Wikipedia
und Informationen aus besuchten Museen. Die Braut in der Mitte trägt
schwarz, also einen schwarzen Rock, eine ausgeschnittene bestickte
schwarze Jacke und auf dem Kopf die weiße Haube, welche von einem
Myrtenkranz ("Girlande") gehalten ist. Weiße Strümpfe gehören dazu und
schwarze Schuhe. Der Bräutigam trägt einen Zylinder, einen schwarzen
Gehrock mit einem Myrtensträußchen im Knopfloch und an der Armkrempe,
dazu bunte Bänder, schwarze Hose und Schuhe.
Interessant sind auch die beiden Paare neben dem Brautpaar. Links von
der Braut scheint der Hochzeitsbitter zu stehen. Er trägt eine bunt
bestickte Schärpe und ein buntes Tuch, welches zusammen mit einem
Sträußchen an der Brust befestigt ist. Man erkennt auch einen Degen. Er
trägt seinen Hut welcher ebenfalls mit bunten Bändern und einem
Sträußchen geschmückt ist, wie auch die anderen beiden Herren in der
Hand. Der Herr rechts außen trägt ebenfalls einen Degen, aber keine
Schärpe. Die beiden Damen sind ebenfalls mit schwarzen Röcken und
Schürzen bekleidet, dazu anscheinend ein schwarzes Mieder mit einem
weißen Schultertuch, welches am Rand einen schwarzen Streifen hat.
Darunter eine weiße Bluse. Beide tragen ebenfalls weiße Hauben, welche
von einer wahrscheinlich bunten Blumenkrone (Girlande) gehalten wird. Es
sind sicher die erste und zweite Brautjungfer (auch erste und zweite
Patin genannt). Im Hintergrund an der Haustür sind Bänder angebracht,
vielleicht mit Sprüchen.
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Auf dem Bild mit der gesamten Hochzeitsgesellschaft rahmen die beiden
eben beschriebenen Paare wieder das in der Mitte stehende Brautpaar ein.
Sechs Damen, davon zwei in der ersten und vier in der zweiten Reihe
tragen im Gegensatz zum Brautpaar und den beiden anderen Paaren ihre
sehr bunten Trachten mit weißen Hauben von Blumengirlande gehalten. Es
scheinen sechs weitere Brautjungfern jeweils mit ihren Herren zu sein.
Die Damen dahinter und daneben sind ebenfalls in bunter Tracht und bunt
bestickter Haube (ohne Girlande). Dahinter anscheinend die älteren Damen
in bunter Tracht mit weißen Hauben ohne jeden weiteren Schmuck. Einzig
die Braut trägt eine schwarze Jacke.
Die Musikanten auf der rechten Seite hinten und einer auf der linken
Seit vorn tragen nur schwarze Westen über dem weißen Hemd und schwarzer
Hose. Teilweise sieht man auch Kinder in Tracht, aber ohne Haube. Das
Hoftor zum Hochzeitshof wurde zur "Ehrenpforte" geschmückt mit
geflochtenen Girlanden aus Tannengrün, darin sind Hüte und Bänder
befestigt als weiterer Schmuck. Unter der geflochtenen Girlande sieht
man eine Leine mit weißen und farbigen Tüchern, welche bestickt sind.
Nachfolgend noch einmal das Hochzeitspaar in einer Einzelaufnahme sowie
ein Mädchen um 1920 in Spreewälder Tracht. Dazu gab es einen kleinen
Beitrag von Gerhard Wiesner im Lübbener Kreis-Kalender von 1931 (siehe
unten im Literaturverzeichnis, oder direkt hier:
►).
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Wendische / Sorbische Hochzeitsbräuche
Rechtzeitig vor der Hochzeit sprechen die Eltern des Brautpaares, das
Brautpaar und der Hochzeitsbitter (Braschka) die Hochzeit ab. Der
Braschka, eine Art Zeremonienmeister, spricht den Gästen persönlich die
Einladung aus und leitet die Feier von Beginn bis Ende.
Der Hochzeitstag begann zunächst für Braut und Bräutigam getrennt. Im
festlich geschmückten Haus des Bräutigams begrüßten er und seine Eltern
ihre Gäste und Verwandten. Der Hochzeitsbitter hielt eine komische Rede
über Braut und Eheleben, die Gäste wurden bewirtet mit Speisen und
Getränken. Anschließend bat der Bräutigam um Vergebung seiner Sünden und
wurde aus seinem Elternhaus verabschiedet. Angeleitet vom
Hochzeitsbitter begab sich die Hochzeitsgesellschaft des Bräutigams zum
Elternhaus der Braut, um sie abzuholen. Zwei Brautdiener eilten voraus,
um die Ankunft anzukündigen.
Im Elternhaus der Braut trafen sich ihre Verwandten und Gäste zur
Verabschiedung der Braut. Die Braut bedankte sich bei Ihren Eltern und
Geschwistern für die gemeinsame Zeit. Sodann lud man den gesamten
Hausrat der Braut auf geschmückte Wagen und fuhr diesen zum neuen Heim
des Paares (oft das Elternhaus des Bräutigams). Inzwischen traf der
Hochzeitszug des Bräutigams vor dem Haus der Brauteltern ein. Der
Hochzeitsbitter warb zunächst vergeblich um die Braut bis er sie
schließlich freikaufen und an den Bräutigam überreichen konnte. Damit
konnte die "Aussegnung" der Braut aus dem Elternhaus erfolgen. Dann
begab sich der Hochzeitszug, angeführt von den Brautjungfern bzw.
heutzutage von den Blumenkindern zur Kirche. Im Anschluss an die Trauung
begibt sich der Hochzeitszug zur Einsegnung in das neue Heim der
Brautleute oder in ein Gasthaus. Auf dem Weg dorthin gilt es mehrere
Girlandensperren durch Freikauf zu passieren. Das Hochzeitsmahl aus vier
Gängen (Hochzeitssuppe, Rindfleisch mit Meerrettichsoße und Brot,
Kalbsbraten und einem Dessert), begleitet von Bier, Schnaps und Wein,
kann dann endlich beginnen. Kaffee und Kuchen, sowie belegte Brote
wurden im Anschluss serviert. War das Hochzeitsmahl eingenommen zog die
Hochzeitsgesellschaft mit einer Kapelle zur Schenke oder wenn der Platz
reichte, fand der Tanz im Hochzeitshaus statt. Um Mitternacht wurde der
Braut der Brautkranz abgenommen bzw. der Schleiertanz fand statt. Mit
diesem Brauch galt das Brautpaar als Ehepaar. War die Feier beendet,
wurde das Paar vom Brautführer und Brautjungfern nach Hause begleitet.
Am Tag nach der Hochzeit fand sich die Hochzeitsgesellschaft erneut im
Haus der nun Vermählten zusammen und feierte gemeinsam bis spät.
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Quellen- und Literaturverzeichnis
Hinweis: Hier finden Sie nur Literaturangaben zum Inhalt dieser Seite im
weitesten Sinne. Das allgemeine Literaturverzeichnis
zu Kuschkow und der Niederlausitz als Thema der gesamten Website finden Sie auf der Hauptseite (Startseite,
siehe hier: ►).
Beeskow, Hans-Joachim: Führer durch die evangelischen Kirchen
des Kirchenkreises Lübben. Evangelischer Kirchenkreis Lübben,
Heimat-Verlag Lübben 1998; Seiten 120-122
Brandenburgisches Landeshauptarchiv ‒ BLHA, im Internet
unter https://blha.brandenburg.de (siehe direkt hier:
►) mit Rechercheangeboten zu sämtlichen historischen
Dokumenten der brandenburgischen Landesgeschichte. Viele der Dokumente
sind inzwischen digitalisiert und per Internet frei zugängig, auch
diverse Fachbücher kann man sich als PDF-Dateien herunterladen.
Chronik der Gemeinde Kuschkow. Herausgegeben von der
Gemeindevertretung Kuschkow zur 675-Jahrfeier 2003; Redaktion und
inhaltliche Bearbeitung durch Familie Gerhard Scheibe; Kuschkow 2003
Düringsfeld, Ida von / Reinsberg-Düringsfeld, Otto von:
Hochzeitsbuch. Brauch und Glaube der Hochzeit bei den
christlichen Völkern Europas. Verlag von J. G. Bach, Leipzig 1871
(digitalisiert von Google). Seiten 167-178: Die Wenden, Seiten 214-218:
Die Marken.
Kaak, Heinrich: Die brandenburgische Ortsgeschichte in Personen,
Familien und ländlichen Schauplätzen. Brandenburgische
Historische Kommission e.V., Potsdam 2011; separat publiziert als
"Leitfaden für Ortschronisten in Brandenburg". Als PDF zu finden auf der
Website des Brandenburgischen Landeshauptarchivs unter
https://blha.brandenburg.de
Lübbener Kreiskalender (Kreis-Kalender) in historischen
Ausgaben ab 1913 (Stand Dezember 2022), digitalisiert als PDF mit vielen
interessanten Beiträgen auch zu Kuschkow und Umgebung, findet man auf
der Website der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam unter
https://opus4.kobv.de/opus4-slbp/solrsearch/index/search/searchtype/collection/id/18476
Neumann, Johann Wilhelm: Die Verhältnisse der
Niederlausitzischen Landbewohner und ihrer Güter von den
frühesten bis auf die neuesten Zeiten. Ein Beitrag zum
Niederlausitzischen Provinzial-Rechte. Lübben bei C. T. Gotsch, 1835.
Digitalisiert von der Staatsbibliothek zu Berlin / Preußischer
Kulturbesitz. Enthält eine detaillierte Darstellung der sozialen
Schichten innerhalb eines Dorfes mit ihren unterschiedlichen
Besitzverhältnissen, Rechten und Pflichten.
Norberg, Madlena / Kosta, Peter (Hrsg.): Sorbische / Wendische
Spuren in der nördlichen Niederlausitz.
Potsdamer Beiträge zur Sorabistik, Universitätsverlag Potsdam 2019.
Darin ab Seite 107: Tobias Preßler: Die Argumente in der Politik
gegenüber den Sorben in der Niederlausitz ‒ nachvollzogen und
erläutert an drei Phasen aus der Zeit zwischen dem 17. und 20.
Jahrhundert. Digitalisiert von Google für den Universitätsverlag Potsdam
(Open Access, Lizenz CC BY, siehe direkt hier:
►)
Scheibe, Gerhard: Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Kuschkow,
Kreis Lübben.
Kuschkow 1978 (erschienen im Eigenverlag der Gemeinde zur 650-Jahrfeier)
Starosta, Manfred: Dolnoserbsko-nimski slownik /
Niedersorbisch-deutsches Wörterbuch.
Domowina-Verlag, Bautzen 1999
Starosta, Manfred / Hannusch, Erwin / Bartels, Hauke:
Deutsch-Niedersorbisches Wörterbuch.
Digital zu finden auf der Website des Sorbischen Instituts Bautzen unter
https://www.dolnoserbski.de/dnw/ (siehe direkt hier:
►) ‒ die Umkehrform, das Niedersorbisch-deutsche
Wörterbuch, findet man unter https://www.dolnoserbski.de/ndw/
(siehe direkt hier:
►). Hinweis: Die Feineinstellungen unter der Suchmaske sind
unbedingt zu beachten (besonders: Schreibung), sonst findet man gar
nichts.
Tetzner, Franz: Die Slawen in Deutschland. Beiträge zur Volkskunde ... Druck und Verlag
von Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1902 (im Internet zu finden als PDF, digitalisiert von Google);
Seiten 282-345: Die Sorben. Mit Angaben zu Dorfformen, Gehöft und Hausbau, Göttern und Geistern, Sitten
und Gebräuchen (z.B. Hochzeit, Spinnstube, Aberglaube); vieles davon ist auch in die deutschen Dörfer
eingedrungen und wurde dort gelebt, auch in Kuschkow. Die Seiten 282-345 finden Sie als Textauszug
aus dem PDF von Google direkt hier:
►
Website "md museum-digital"
(https://www.museum-digital.de, siehe direkt hier:
►),
eine nach Bundesländern, Regionen, Orten und Themen sortierte Plattform,
auf der große und kleine Museen Informationen zu ihren Objekten
veröffentlichen können, darunter auch Bild- und Fotosammlungen
Wegener, Fritz: Beiträge zur Chronik des Dorfes Kuschkow.
Enthalten in: Lübbener Kreis-Kalender 1927, Verlag des Lübbener
Kreisblattes, Buchdruckerei Richter & Munkelt, Lübben (Spreewald);
Seiten 46-51 (siehe direkt hier:
►)
Wegener, Fritz: Die 600-Jahrfeier der Dorfgemeinde Kuschkow.
Enthalten in: Lübbener Kreis-Kalender 1929, Verlag des Lübbener
Kreisblattes, Buchdruckerei Richter & Munkelt, Lübben (Spreewald); Seite
44 (siehe direkt hier:
►;
der Name des Lehrers Wegener ist im Artikel falsch als "Wegner"
angegeben)
Wiesner, Gerhard: Die wendischen Volkstrachten in der
Niederlausitz. Enthalten in: Lübbener Kreis-Kalender 1931,
Verlag des Lübbener Kreisblattes, Buchdruckerei Richter & Munkelt,
Lübben (Spreewald); Seiten 63-65 (siehe direkt hier:
►)
Zeitzler, Kurt: Aus der Geschichte der Kirchengemeinde
Krugau-Kuschkow (nach alten Büchern und Urkunden der Pfarre).
Enthalten in: Lübbener Kreis-Kalender 1928, Verlag des Lübbener
Kreisblattes, Druck von Richter & Munkelt, Lübben N-L.; Seiten 54-56.
Hier können Sie diesen Beitrag als PDF lesen:
►
Zwahr, Johann Georg: Niederlausitz-wendisch-deutsches
Handwörterbuch. Herausgegeben von J. C. F. Zwahr, Druck von
Carl Friedrich Säbisch, Spremberg 1847. Digitalisiert und als PDF zur
Verfügung gestellt z.B. von Google (siehe direkt hier:
►).
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